Replicas – oder „Plotholes, the movie”

1.      Zu vorhersehbar, und dann doch wieder nicht

Der Anfang ist doch tatsächlich recht gelungen: Ambitionierter Wissenschaftler tüftelt daran, den menschlichen Geist kürzlich Verstorbener in KI/Roboter zu übertragen. Roboter, mit menschlichem Bewusstsein bestückt, ist darüber nicht so happy (obwohl es spricht!) und demoliert sich selbst bis zur Notabschaltung. Ein wunderbares Ausgangsproblem.

Als die Familie des Wissenschaftlers bei einem tragischen Autounfall stirbt, ist relativ schnell klar, dass er diese Technologie nun auch auf seine Lieben anwenden will. Nach Ausgangslage würde das heißen: Die Gedanken/Geister/Gehirnstromkopien/Bewusstseine seiner Familie müssen in Roboterhirne übertragen werden und hier muss erst das Ausgangsproblem gelöst werden.

Nun geht das Debakel los: Plötzlich reden wir nämlich nicht mehr von Robotern, sondern von Klonen. Huch, wo kommen die denn her? Klar, der HILFSWISSENSCHAFTLER, der sympathische Comedy-Sidekick des Hauptdarstellers, hat praktischerweise ein eigenes Klonprojekt laufen, auf das man doch da jetzt zurückgreifen könnte.

Ok. Also geht es wohl darum, die Familie zu klonen und ihre Erinnerungen nicht mehr in Roboter, sondern eben in menschliche Klonkörper zu verfrachten (bis auf klein Zoe, für die leider kein Tank mehr da war, obwohl später im Labor noch vier Stück rumstehen). Erst als die Körper jedoch fertig sind, stellt der Wissenschaftler erschrocken fest, dass es diese Körper ja auch tatsächlich braucht, als er zufällig beobachtet, dass „leere“ Gehirne auch auf Berührung reagieren (Ich gehe hier mal nicht darauf ein, wie bescheuert allein das schon ist).

Na, dann müssen die Hirnkopien ja einfach auf die Klone übertragen werden, und nicht auf Roboter! Moment… war das nicht der eh schon geänderte Plan? Wofür wurden denn sonst die Klone gemacht? Hä? Ich bin raus.

2.      Viele Andeutungen, kein Tiefgang

Ein Hauptproblem, das der Film hat, besteht darin, dass er einfach sehr viel will und daher nichts richtig unterbringen kann. Ob es nun um das Verwandeln von menschlichem Bewusstsein in KI/Roboter oder doch ums Klonen geht, scheint dem Film wohl selbst nicht ganz klar zu sein.

Die Debatte um die Seele: Diese Frage wird zu Beginn aufgegriffen, als Foster und seine Frau unterschiedliche Standpunkte einnehmen: Sie als Ärztin spricht von Liebe, Gefühlen, Seele, Ich-Bewusstsein. Er als Wissenschaftler spricht von einer Summe aus Nervensignalen, die zusammengenommen schon alles sind, was ein menschliches Individuum ausmacht. Das Tragische: ER hat am Ende Recht. Zumindest, wenn man den Film wirklich dahingehend interpretieren will, denn die kopierten Gehirnströme reichen am Ende für das Happy End, händchenhaltend am Strand. Sie hat ihren Standpunkt bis dahin wohl übrigens vergessen. Tja, liebe Romantiker und alle, die noch an mehr glauben: Da ist wohl nix. Und das, obwohl man mehrfach das Gefühl hat, dass der Film diese Thematik doch noch aufgreifen will. Wenn die Kinder permanent Essen in sich reinschaufeln, als würden sie eine Leere füllen wollen. Wenn die Frau völlig emotionslos den Mann begrüßt und verabschiedet. Wenn die Familie dem Familienvater gruselig hinterherstarrt, als er das Haus verlässt. Wenn der Sohn das Essen ins Glas, statt auf den Teller schmeißt... Doch das hat wohl alles nichts zu sagen. Wahrscheinlich muss sich der Geist erst an die neuen Körper gewöhnen. Obwohl sie identisch mit den alten sind. Oder nicht? Der Film bleibt die Antwort jedenfalls schuldig. Schade.

Angedeutete Komplikationen ohne Ausführung: Da passiert ein ziemlich schlimmer, tragischer Autounfall. 4 Leichen. Ein halb versunkenes Auto. Um die Leichen muss sich natürlich gekümmert werden. Das übernimmt am Besten ein Profi. Wie wär’s mit unserem Multitalent, Mr. Comedy-Sidekick? Der kann ja schon Roboter, KI und Klonen. Prima, das hätten wir. Hat sich der Allrounder auch um das Auto gekümmert? Oder steckt das noch im See?

Das wäre so ´ne Frage für die Polizisten gewesen, die nach verschwundenen Autobatterien suchen. Denen hätte man auf die Frage, ob das Problem auch hier vorläge, ja den Hinweis geben können, dass hier ja gar kein Auto mehr steht, von dem die Batterie hätte entwendet werden können. Aber nein, hier ist alles bestens. Tschüss. Auf Wiedersehen. Ach nee. Die kamen ja nicht nochmal. Wissenschaftler wissen, wie man Autobatterien klaut, ohne Spuren zu hinterlassen.

Apropos Autobatterien. Da wird schon so schön darauf hingewiesen, dass man bei einem Stromausfall vorbereitet sein müsse, weil der Klonprozess sonst schief geht. Man hätte dann nur exakt 7 Sekunden Zeit. Für dieses Problem wird ein weiteres Verbrechen begangen (eine ganze Nachbarschaft ohne Autobatterien, Schock schwere Not. Außer der, der plötzlich kein Auto mehr hat, natürlich). Das ist doch ein ziemlich dramaturgischer und ziemlich konkreter Aufbau einer eventuellen Komplikation, oder? Oder?? Nope! Die Klonbrutmaschinen laufen von vorne bis hinten einwandfrei ohne Komplikationen 17 Tage durch. Hm. Ok. Vielleicht war deshalb auch ´ne Seele im Paket mit drin. Wer weiß.

Dann schneit da noch so ´ne sehr seltsame Lehrerin vorbei. Die macht sich zwar schreckliche Sorgen um ihren Lieblingsschüler (wtf?), lässt sich allerdings auch nie wieder blicken. Obwohl der hilfsbereite Hilfswissenschaftler sich verplappert hat, als er behauptet, der kranke Junge sei bei den toten Großeltern, wird auch das nie wieder aufgegriffen. Miss Pädagogin des Jahrtausends scheint eine sehr interessierte Lehrperson zu sein.

Apropos Lernen. Eine einzige Mail an die Direktorin der Schule reicht aus, um fortan Homeschooling durchführen zu können. Da kommt keiner gucken, ob die drei Kinder bei Mama Arzt und Papa Wissenschaftler auch artgerecht ausgebildet werden. Die werden schon genug Zeit haben. Ist ja bei Ärzten und Wissenschaftlern bekannt, dass die Zeit haben ohne Ende. Gehen die Klone eigentlich irgendwann wieder zur Schule? Ach, wen interessiert’s?

Das Problem, dass der Roboterkörper das eingespeiste Bewusstsein ablehnt, löst unser Wissenschaftler übrigens über Nacht. Ist ja auch völlig simpel, es braucht nur einen Algorithmus, der dem menschlichen Geist einen menschlichen Körper vorgaukelt. Pff, Kinderspiel. Wozu es diesen Algorithmus oder Roboterkörper aber überhaupt noch braucht, wenn doch Klonen jetzt so prima klappt, ist nicht so ganz klar. Zumindest Herr Foster hätte ja jetzt mit herumlaufenden Demoobjekten eine alternative Marktlücke decken können. Ups. Genau das tut er ja am Ende auch als Roboterklon-Mastermind mit seinem Chef-ex-Chef zusammen. Obwohl dieser das scheinbar nicht auf Anhieb sehen will, sonst wäre es ja völlig überzogen, die Familie komplett auslöschen zu wollen, durch die gesamte Stadt zu jagen, das Supertalent abzuknallen, selber draufzugehen, sich klonen zu lassen und fortan selbst als bestes Produktbeispiel massenhaft Kohle zu scheffeln als das, was man vorher unbedingt vernichten wollte. Hä? Ich bin schon wieder raus.

Apropos durch die ganze Stadt jagen. Welchen Sinn hat es bitte, dass alle Klone aus heiterem Himmel natürlich Peilsender haben müssen, die weiß Gott wie während des perfekten Brutprozesses in die Wirbelsäule eingebaut wurden, NUR um sie dann in einer Kamikazeaktion mit Defibrillatoren (da kann viel schiefgehen, sagt die Ärztin, aber natürlich nicht hier, keine Zeit) zu schmoren, NUR um dann trotzdem direkt aufgespürt zu werden? Na? Kommt wer drauf?

Dann wäre da noch das Drama um die kleine Zoe. Viele Tränen darum, dass sie nicht mit geklont werden kann. Sie muss gelöscht werden. Alle Erinnerungen an sie müssen weg. Der Trick ist ja simpel, einfach alle Assoziationen aus den kopierten Bewusstseinen löschen und fertig. Der Zuschauer fragt sich zwar schon direkt, warum das Klonen von Zoe nicht einfach im Anschluss an die anderen passieren kann, aber egal. Geht halt nicht. Erstmal. Warum auch immer. Erinnerungen löschen scheint wohl dann doch nicht ganz so einfach zu sein, aber auch die kurze Andeutung, dass die Mutter durch den Anblick eines ähnlichen kleinen Mädchens getriggert wird, obwohl sie keinerlei Erinnerungen haben dürfte, wird nicht weiter vertieft oder das Problem intensiviert. Stattdessen lösen wir das so: Große Tochter fragt „Wer ist Zoe? Das steht in meinem Schrank“, Klirr in der Küche, es hingen doch auch Fotos im Flur, Papa gesteht, dass da jemand fehlt. Och Mensch, so eine Mühe gegeben, alles von klein Zoe zu vernichten und jetzt sagt er‘s halt einfach. Die Erinnerungen sind aber weg. Manipulierte Erinnerungen sind übrigens dann doch überhaupt kein Thema mehr. Tja, da werden die Geschwister die Kleine wohl mit „Wer bist du denn“ am Strand begrüßen, wenn ihr Klon dann doch noch um die Ecke kommt. Geht jetzt wieder. Weil Happy End und so.

3.      Was will uns der Film denn nun eigentlich sagen?

Vorschläge:

Klonen ist ok. Es gibt zwar Risiken, aber keine Nebenwirkungen.

Eine Seele gibt es nicht. Wir sind nur die Summe aus Nervenimpulsen und Erinnerungen. (Auch, wenn davon ein paar fehlen.)

Mit Klonen und Bewusstseinskopien lässt sich viel Geld verdienen und die Ethikkommission ist dumm, blind, beides oder nicht existent. Oder natürlich korrupt.

 

 

Insgesamt vergebe ich zwei multifunktionale Hilfswissenschaftler und einen mit Kopfschuss für dieses Filmdebakel und hoffe, dass Keanu Reeves seinen Agenten feuert.